KINO - SPLICE
wj Aurich. Das Spleißen oder „Splicing“ ist innerhalb der Genforschung ein gängiger Fachbegriff für die Weiterverarbeitung der Ribonukleinsäure (RNA). Das klingt erst einmal harmlos. Aber wenn man die nähere Bedeutung des englischen Wortes „to splice“ (zu Deutsch: „miteinander verbinden“ oder „zusammenkleben“) kennt, eröffnet allein das allen möglichen Horrorphantasien Tür und Tor. „Splice“ heißt auch der neue Streifen des kanadischen Regisseurs Vincenzo Natali („Cube“, „Cypher“), in dem es um ein Gen-Experiment geht, das irgendwann völlig aus dem Ruder zu laufen droht.
Ausgangspunkt der Geschichte, die in dem Streifen erzählt wird, ist das junge Wissenschaftlerpaar Clive (Adrian Brody) und Elsa (Sarah Polley). Obwohl sie für ein Pharmaunternehmen arbeiten, genießen sie dank ihrer ebenso genialen wie unkonventionellen Art nach außen hin beinahe den Status von Rock-Stars. Ihre Forschungen sind inzwischen bereits sehr weit voran geschritten. So ist es ihnen gelungen, ein geklontes Lebewesen zu erschaffen, das für die Produktion von Medikamenten eingesetzt werden kann. Doch damit mag sich das ehrgeizige Duo längst nicht zufrieden geben. Sie wollen mehr und haben es nun auf das menschliche Erbgut abgesehen, das sie mit Genen von Tieren und Pflanzen kreuzen möchten. Weil sie dafür von offizieller Seite keine Genehmigung erhalten, klonen sie kurzerhand einfach ihre eigene DNA. Zur ihrer Überraschung scheint die Sache zunächst tatsächlich zu gelingen. Aus dem wissenschaftlichen Experiment entsteht eine Art Hybridwesen (Delphine Chanéac), das zunehmend feminin-menschliche Züge annimmt. Es entwickelt sich äußerst rasant und zeigt sich außerdem als sehr lernfähig. Allerdings verbergen sich unter der Oberfläche der Schöpfung weit mehr Eigenschaften, als das den beiden unbedarften Forschern lieb sein dürfte. Trotzdem betrachten sie das geklonte Wesen als „ihr Baby“ und beschließen irgendwann, es zur Sicherheit lieber aus ihrem Labor heraus zu schmuggeln. In der Folgezeit beginnt das Forschungsobjekt, sich weiter zu emanzipieren und wird bald zu einem ernsten Bezugspartner, das sich zwischen das Paar drängt und schließlich alles daran setzt, seinen Schöpfungsvater für sich ganz alleine zu vereinnahmen...
Die besondere Stärken von „Splice“ liegen vor allem im Design und in den Spezialeffekten. Von der Optik her hat sich Vincenzo Natali klar an der Ästhetik seines Landsmannes David Cronenberg („Die Fliege“, „Spider“) orientiert. Ähnlich wie das bei Cronenbergs Körpern der Fall ist, wirkt auch das von Clive und Elsa geschaffene Hybridwesen sinnlich und verstörend zugleich. Ziemlich daneben gegangen ist hingegen der Versuch einer ernsthaften ethischen Auseinandersetzung mit dem Thema Genforschung. Hier verliert sich der Film oft in extrem ausufernder Psychologisierung, die entweder unfreiwillig komisch wirkt oder auf die Dauer einfach nur noch entsetzlich langweilt. Darüber wird die Handlung im weiteren Verlauf des Films stetig weniger glaubwürdig.
(Ostfriesische Nachrichten vom 05. Juni 2010. Trailer: Warner/Senator)