INTERVIEW mit Henning Lobin
"Eine Sprachpolizei existiert nicht"
Manchmal reicht ein einziges Wort, um eine Debatte auf den Punkt zu bringen: Gendern ist dafür ein exzellentes Beispiel. Dabei geht es gerade bei diesem Thema längst nicht allen Beteiligten um die Sprache. Das meint jedenfalls Professor Henning Lobin vom Mannheimer Leibniz Institut für Deutsche Sprache. Am 22. September 2022 gastiert der Germanist und Linguist im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage ab 19.30 Uhr im Güterschuppen und spricht dort über sein Buch "Sprachkampf". Aus diesem Anlass stand er im folgenden Interview Werner Jürgens Rede und Antwort.
Frage:Herr Professor Lobin, wissen Sie noch Ihre Abi-Note in Deutsch?
Prof. Henning Lobin:Ehrlich gesagt kann ich mich daran nicht mehr erinnern. Meine Leistungsfächer im Abitur waren Physik und Mathematik. Studiert habe ich ursprünglich kurz Rechtswissenschaft, dann Philosophie und Informatik. Germanistische Linguistik war zunächst mein Nebenfach. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass mir das sehr liegt. Auch heute arbeiten bei uns am Leibniz-Institut einige Mathematiker und Informatiker. Wir haben ein Archiv mit einer Sprachsammlung, die inzwischen rund 50 Milliarden Wörter umfasst, die wir in einem eigenen kleinen Rechenzentrum verwalten. Um solche Datenmengen auszuwerten, braucht es auch Leute, die sich mit informatischen und mathematischen Verfahren auskennen.
Frage:Sie sind Leiter des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache und Mitglied im Rat für Deutsche Rechtschreibung. Was ist deren Aufgabe?
Lobin: Wir forschen und dokumentieren, wie sich die deutsche Sprache entwickelt. Dabei schauen wir nicht allzu weit zurück in die Vergangenheit, sondern setzen ungefähr ab dem 20. Jahrhundert an. Daraus leiten wir dann die Grundlagen ab für weitere Anwendungen wie zum Beispiel für den Unterricht an Schulen.
Ausführliches Interview im Ostfriesischen Kurier vom 17. August 2022
Foto: Jochen Kratschmer