INTERVIEW mit Matze Knop

In der Schule nie der Klassenclown gewesen
wj Aurich. Wenn er nicht Komödiant wäre, könnte man ihn glatt für schizophren halten. „Kaiser“ Franz Beckenbauer, Lebemann Reiner Calmund und Schlagerschönling Howard Carpendale sind nur ein paar der Charaktere, die Matze Knop in seinem Repertoire vereint. Am Freitag, 17. September 2010, gastiert der vielseitige Parodist mit seinem aktuellen Programm „Operation Testosteron“ ab 20 Uhr in der Auricher Stadthalle. Aus diesem Anlass stand er den „Ostfriesischen Nachrichten“ im folgenden Interview Rede und Antwort. 

Ostfriesische Nachrichten: Sie haben am 11. November Geburtstag und wollten schon mit fünf Jahren wie Rudi Carrell werden. Gibt es da einen Zusammenhang? 
Matze Knop: Ich bin tatsächlich am 11. November geboren. Aber ich glaube, da gibt es keinen Zusammenhang. Das mit Rudi Carrell habe ich damals einfach so gesagt. Dem habe ich zunächst weiter keine Bedeutung zugemessen, zumal ich nun nicht unbedingt der Klassenclown gewesen bin. Ich war sogar im Gegenteil ein eher zurückhaltender und ruhiger Schüler. So gesehen ist es schon sehr lustig, wie sich das alles im Nachhinein ergeben hat und dass ich jetzt den Beruf eines Comedian ausübe. 

ON: Wie haben Sie denn Ihr komisches Talent entdeckt? 
Knop: Angefangen habe ich beim Radio. Da habe ich von den Nachrichten bis hin zum Sport so ziemlich alles gemacht. Dabei stellte sich irgendwann heraus, dass ich eine humorekse Ader habe. Daraufhin wurden Sport und Unterhaltung meinen beiden Steckenpferde beim Radio. Das ist natürlich insofern interessant, weil ich inzwischen Comedy mache, die viel mit Fußball zu tun hat. Da habe ich, wenn man so will, meine beiden Leidenschaften miteinander verbunden. 

ON: Die Leidenschaft für den Fußball war also schon früh da? 
Knop: Die war von Anfang an da. Mein Vater war Sportreporter und hat seinen Trainerschein in Kaiserau gemacht. Mein Onkel hat auch einen Trainerschein, genau wie mein Bruder, der in Köln Sport studiert hat. Ich komme aus einer richtigen sportbegeisterten Fußballerfamilie. Fußball ist unser Leben! Ich war schon mit fünf Jahren beim Fußballverein angemeldet und ich spiele nach wie vor gerne Fußball. Ich tausche mich regelmäßig mit meiner Familie aus, damit ich immer auf dem neuesten Stand bin. Das hilft mir ungemein, wenn ich in einer Sendung wie „Waldis WM-Club“ zu Gast bin. Denn da erwartet man von mir, dass ich mich auch sportlich äußern kann. 

ON: Ihren Durchbruch verdanken sie aber nicht dem Fußball sondern Richie. Wie kam es dazu? 
Knop: Das war mehr oder weniger Zufall. Wir hatten eine Radio-Comedy, die hieß die „Die Tankstelle“. Dafür brauchten wir fünf bis sechs Charaktere, die dort regelmäßig vorfahren und tanken sollten. Eine Figur, die ich dafür vorgeschlagen habe, war der Richie. Als die Radio-Comedy ausgestrahlt wurde, ist die Sendung selbst gar nicht so gut angekommen, wie wir uns das vorgestellt hatten bis auf eben diese eine Figur. Plötzlich hieß es, ich sollte nur diese eine Figur machen. Ich habe daraufhin ein paar Sachen geschrieben und innerhalb von nur sechs Wochen ging das so was von ab. Wir bekamen damals jeden Tag Hunderte von Anrufen, ob es nicht eine CD davon gibt. Ich glaube, Richie war etwas, was von den Leuten zur damaligen Zeit einfach gewollt wurde. Das hat voll den Nerv getroffen. Klar gab es auch viele Menschen, die das doof fanden. Aber das ist ja oft so, dass eine Sache erst einmal polarisieren muss, um Erfolg zu haben. 

ON: Gab es ein konkretes Vorbild für Richie? 
Knop: Ich würde mal sagen, dass es in meinem näheren Umfeld, also zum Beispiel in der Straßenbahn oder wenn wir beim Fußball gegen andere Mannschaften gespielt haben, durchaus das ein oder andere Vorbild gab. Da habe ich mir von zwei, drei Leuten was abgeguckt und anschließend für mich zusammen gebaut. Allerdings hat sich die Figur im Laufe der Zeit verändert und ihren ganz eigenen Charakter bekommen. Am Anfang war das ja mehr eine Parodie. Inzwischen hat die Figur ihre eigene Sprache mit eigenen Wörtern, die ich für sie kreiert habe. 

ON: Haben Sie mit dem Erfolg für Richie gerechnet? 
Knop: Überhaupt nicht. Das war in dem Sinne nie so geplant. Was es konkret bedeutet hat zum damaligen Zeitpunkt, das kann ich ohnehin erst heute richtig ermessen. Heute ist es mein Beruf. Heute weiß ich, wie viel Gas man geben muss, um auch nur ansatzweise so viele CDs zu verkaufen wie damals, als mir das alles relativ locker von der Hand ging. Es war ja nie mein Plan und mein Ziel, jetzt als Comedian auf der Bühne zu stehen. Das hat sich durch diesen Erfolg mit Richie erst ergeben. 

ON: Warum der Image-Wechsel zum Fußball? Wollte sie nicht an der Figur hängen bleiben? 
Knop: Solche Figuren haben immer eine gewisse Halbwertszeit. Sie haben den Vorteil, dass man schneller wahrgenommen wird von den Menschen, weil so eine Figur schillernder und polarisierender ist. Wenn einer mit Kappe und Brille in einer Fernsehsendung auftaucht, fällt das eher auf als wenn dort jemand mit einem normalen Haarschnitt sitzt. Außerdem kann man sich hinter der Figur auch ein bisschen verstecken. Deswegen kann das schneller nach vorne abgehen. Aber die Halbwertszeit ist eben auch geringer als wenn man als normale Person irgendwo sitzt. Irgendwann, das muss so um das Jahr 2002 herum gewesen sein, hatte ich das Gefühl, dass ich etwas anderes machen und eine neuen Schritt wagen müsste. Das hieß ja nicht, dass ich den Richie einmotte. Aber ich fand, ich musste die Brille und die Kappe einfach mal absetzen, um auszuprobieren, was noch geht. Das war erst einmal komisch, weil Richie schon eine Art Star-Status hatte. Das geht mir heute noch so. Egal wo ich bin, Richie kennt fast jeder. Ohne Kappe und Brille kannte man mich hingegen nicht so. Zumindest damals nicht. Das war schon ein komisches Gefühl, weil ich quasi wieder bei Null starten musste. Dass es nun wieder geklappt hat und erfolgreich läuft, gibt einem die Bestätigung, dass man wohl doch was auf dem Kasten haben muss. Klar ist das auch ein Stück harte Arbeit. Aber von nix kommt eben nix. Und umso mehr freut mich der Erfolg. 

ON: Wie kamen sie darauf, ausgerechnet Franz Beckenbauer zu parodieren? 
Knop: Was die Stimmparodie betrifft, hatte ich den schon lange auf Lager. Dass er irgendwann auch optisch an mir umgesetzt wurde, war wiederum Zufall. 2004 habe ich für RTL eine Comedy-Pilotsendung gedreht. Darin wollten wir eine 'Versteckte Kamera' mit mir als Franz Beckenbauer machen. Der sollte in einem Aufzug stecken bleiben, und man konnte dort ein bisschen reingucken. Ich war der Meinung, wenn wir das vernünftig machen wollten, mussten wir mich als Beckenbauer auch entsprechend aussehen lassen. Das war der erste Schritt. Ungefähr zehn oder zwölf Jahre vor mir gab es ja schon mal Olli Dittrich, der das mit der Beckenbauer-Parodie sehr gut gemacht hat. Ich habe mir dann gesagt: „Okay, du musst das jetzt so machen, wie du das für richtig hältst.“ Der „Kaiser“ ist ja nicht mehr der, der er vor zehn oder zwölf Jahre war. Der hat sich weiterentwickelt. Deswegen habe ich versucht die Figur ebenfalls weiter zu entwickeln. Außerdem hebt sich meine Parodie dadurch ab, dass sie nicht ausschließlich in einer fiktiven, sondern genauso in der realen Umgebung stattfindet. Ich gehe ja als Beckenbauer raus zu den Leuten und mische mich unters Volk. Ab und zu treffe ich dabei auch den „Kaiser“ persönlich und rede mit ihm 

ON: Wie reagiert der „Kaiser“ auf ihre Parodien? 
Knop: Ich hab ihn schon ein paar Mal getroffen und er ist immer total gelassen und gibt sich ausgesprochen relaxed. Bei unserer zweiten Begegnung habe ich ihn mit Rainer Calmund getroffen. Er hat ihn dann gefragt, ob das mit dem Interview okay wäre. Calli hat bloß gesagt. „Dat kannste ruhich machen. Der Matze is in Ordnung...“ Beckenbauer war wieder völlig entspannt und wollte sogar wissen, wie das genau geht, wenn ich mich in ihn verwandle. 

ON: Wie reagieren gestandene Trainerpersönlichkeiten wie Jupp Henynckes oder Louis van Gaal , wenn Sie sie parodieren? 
Knop: Bei Jupp Heynkes weiß ich es, ehrlich gesagt, gar nicht, wie der das findet. Van Gaal habe ich schon zweimal interviewt. Einmal als Matze Knop und einmal als Beckenbauer. Da hat er sich nur kurz mit dem Manager Christian Nehrlinger abgesprochen und sich wohl darüber aufklären lassen, wer ich bin. Aber dann hat er gleich gesagt. „Das ist gar kein Problem mit dem Interview. Das können wir gerne machen.“ Der machte nicht den Eindruck, als wäre er in irgendeiner Form angsäuert gewesen. Ich hatte eher das Gefühl, dass das jemand ist, der da voll drüber steht und das vielleicht sogar ganz lustig findet. 

ON: Ist jemand Lothar Matthäus überhaupt noch parodiewürdig? Der ist doch im Prinzip seine eigene Parodie. 
Knop: Lothar ist auf jeden Fall parodiewürdig. Wobei das natürlich schon blöd ist, wenn jemand sich manchmal dermaßen lächerlich macht, dass er zu seiner eigene Parodie wird. Am besten ist eine gute Mischung. Das heißt auf der einen Seite ist jemand relativ normal. Auf der anderen Seite leistet er sich mit schöner Regelmäßigkeit Dinge, wo man sich denkt: „Das kann doch gar nicht wahr sein.“ Jemand wie Rainer Calmund sieht so etwas zum Beispiel ausgesprochen locker. Der ist ja inzwischen selber in der Unterhaltungsbranche aktiv und da auch ganz gut angekommen. Beckenbauer ist insofern optimal, weil je größer eine Person in der Außenwirkung ist, desto besser kommt die Parodie. Wenn ich im Vergleich dazu nur einmal als Beispiel jemanden wie Daniel Küblböck nehme, der sich im Dschungel-Camp mit Kakerlaken überschütten lässt. Wenn ich so einen parodiere, fällt die Wertigkeit meiner Parodie eher gering aus. Oder Jürgen Drews. Den kenne ich ziemlich gut, und das ist ein ausgesprochen netter Typ. Nur bei Jürgen weiß man eben, dass der fast alles mitmacht. Da ist jemand wie Beckenbauer wesentlich besser, zumal man nie genau weiß, wie er denn tatsächlich reagieren wird. Da ist die Spannung größer. 

ON: Warum parodieren sie Luca Toni? Ist der nicht längst weg vom Fenster? 
Knop: Mir wäre es natürlich lieber gewesen, der würde immer noch bei Bayern München spielen. Aber ich habe mit dieser Figur einen Song mit dem Titel „Numero uno“ aufgenommen. Das ist ja ein richtiger Hit geworden. Der wird nach wie vor fleißig in den Diskotheken gespielt und dort von den Leuten auch gewünscht. Und die Leute wollen, dass ich die Figur weiter auf der Bühne spiele. Ich war ja selber gespannt, wenn er nicht mehr in Deutschland spielt, ob die Leute das nicht doof finden würden. Aber der ist immer noch sehr in den Köpfen drin. Nicht zuletzt dank des Liedes. Ich bin auch ganz froh, darüber, weil mir Luca Toni als Typ ausgesprochen gut gefällt. Das ist ja so ein fröhlicher, der viel lacht und Sonne in die Hütte bringt. Der wird bestimmt noch ein oder zwei Jahre gehen. 

ON: Und Howard Carpendale? 
Knop: Carpendale habe für meinen WM-Song genommen, weil er Südafrikaner ist und die WM in Südafrika stattgefunden hat. „Hello again“ ist zwar ein Schlagerlied, aber ein sehr schönes, wie ich finde. Ich wollte nicht irgend einen WM-Song machen und der 18. sein, der singt: „Hurra, wir werden Weltmeister.“ Deswegen habe ich „Hello again“ zu „Pokal again“ gemacht, weil ich das für mich stimmig und homogen fand. 

ON: Wird sich Ihr aktuelles Bühnenprogramm „Operation Testosteron“ also vorrangig um „Männerthemen“ wie Fußball drehen? 
Knop: Die Fußball-WM ist ein großes Thema, weil das ja ein absolutes Mega-Event war. Und natürlich gehe ich darauf ein, was so in der aktuellen Bundesliga-Saison passiert. Gerade jetzt können wir ja zum Beispiel wieder beobachten, wie Felix Magath sich auf den letzten Drücker noch mal eben eine komplett neue Mannschaft zusammen kauft. Allerdings würde ich nicht sagen, dass es ein Programm ausschließlich für Männer ist. Wenn man über Männer redet, ist das ja auch für Frauen sehr lustig und interessant. Außerdem werden Frauen genauso thematisiert. Da geht es um solche Dinge wie wie Schwangerschaft, Namensfindung, Urlaub und dergleichen. Gerade Urlaub finde ich sehr wichtig, weil das immer sehr positiv behaftet ist. Also ich denke, in meinem Programm ist für jeden was dabei. Auf jeden Fall auch für die Frauen. Es ist nicht bloß eine reine Männernummer.
(Ostfriesische Nachrichten vom 14. September 2010. Foto: Position)