INTERVIEW mit Wladimir Kaminer

"Sogar meine Nachbarn boßeln mittlerweile"
Seine Muttersprache ist Russisch, aber er schreibt lieber auf Deutsch und das äußerst erfolgreich. Wladimir Kaminer hat mit seinen Büchern, Erzählungen und Kolumnen ein Millionenpublikum erobert. Im seinem neuesten Werk dreht sich alles um „Liebeserklärungen“, so der Titel. Damit ist Wladimir Kaminer gerade auf Lesereise. Am 11. Dezember 2019 tritt er in der Auricher Stadthalle auf. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr. Aus diesem Anlass stand er Werner Jürgens in folgendem Interview Rede und Antwort. 

Frage: Trifft es zu, dass der berüchtigte Kreml-Flieger Mathias Rust Sie inspiriert hat, nach Deutschland zu gehen? 
Wladimir Kaminer: Das war eher ein Zufall. Es stimmt schon, dass ich in der sowjetischen Armee gedient habe, als er über uns flog. Ich war damals mit für ihn zuständig, weil ich am Radar saß. Zum Glück haben wir ihn nicht abgeschossen. Das war 1987, und er wollte nach Russland. Ich hingegen wollte nach Deutschland, und das hat sich erst drei Jahre später ergeben.

Frage: Was hat Sie denn nun zu diesem Schritt motiviert? 
Kaminer: Auch das war, wie fast alles Schöne im Leben, ein Zufall. Eigentlich wollte ich nur raus und meine Heimat verlassen. Lange Zeit durften wir nicht, weil man uns nicht gelassen hat. Wie die meisten jungen Menschen waren wir sehr kritisch und haben uns gedacht: Wenn das bei uns alles so komisch läuft, muss das Leben irgendwo da draußen schöner sein. Im Grunde genommen hatten wir überhaupt gar keine Ahnung, weil wir keinerlei Informationsquellen hatten. Als die Mauer fiel, ergab sich plötzlich die Möglichkeit, Teil der westlichen Gesellschaft zu werden. Diese Möglichkeit habe ich genutzt.
Ausführliches Interview im Sonntagsblatt vom 08. Dezember 2019
Foto: Michael Ihle