Paul Panzer "Endlich Freizeit"

Wenn der Besuch im Darkroom in die Hose geht
wj Aurich. „Ne wat fürn Stretz aber auch!“ Paul Panzer, seines Zeichens Komödiant mit leichtem Sprachfehler und noch leichter reizbarem Nervenkostüm, kann sich selbst in seiner Freizeit kaum entspannen. Also hat er umgehend ein neues Programm daraus gemacht. Am vergangenen Sonntag gastierte er unter dem Motto „Endlich Freizeit – was fürn Stress“ in der Sparkassen Arena und provozierte bei den rund 2000 Zuschauern eine Lachattacke nach der anderen.

Der Freizeitstress fängt für den armen Paul Panzer schon innerhalb der eigenen Familie an. Das Sofa vor dem Fernseher wird im Regelfall von seinem übergewichtigen Sohn Bolle frequentiert. Der ist dermaßen bewegungsfaul, dass er bereits das Drücken der DVD-Fernbedienung als eine reine Zumutung empfindet. Den einzigen Weg, den er freiwillig geht, führt von Sofa auf kürzester Distanz direkt hin zum Kühlschrank. „Den Weg mussten wir schon dreimal nachfliesen“, meint Paul Panzer zu den wohl nicht unbeträchtlichen Folgeschäden.

Seine „Olle“ Hilde vermag ihrem Gatten das Zusammenleben nicht unbedingt wesentlich angenehmer zu gestalten, zumal es mit ihren Kochkünsten nicht weit her zu sein scheint. Als sie darüber nachdenkt, sich für die Fernsehsendung „Kochduell“ zu bewerben, kontert Paul jedenfalls trocken: „Hilde, dat heißt: 'Kochduell' und nich: 'Koch, ich ergebe mich!“. Abgesehen davon ist Frau Panzer gerade voll auf dem Bio-Trip, was ihrem Gemahl ebenso wenig gefällt. „Wenn deine Frau auf Bio ist, hast du die Ereigniskarte gezogen“, erklärt Panzer und liefert prompt den passenden Text dazu: „Gehen Sie nicht über Los! Begeben Sie sich direkt aufs Klo!“ Der Hirsekuskusbrei, der alles andere als vertrauenserweckend geschweige denn lecker aussieht, verleitet ihn zu der spontanen Nachfrage: „Wer hat das vor mir im Mund gehabt?“ Und beim Ingwertee will er lieber vorher noch einmal genau prüfen, ob Hilde die dazugehörige Wurzel nicht wieder wie neulich mit getrocknetem Hundekot verwechselt hat. Ohnehin sind die zumeist in erdigen Tarnfarben gehaltenen Bioprodukte Paul Panzer bereits im Rohzustand höchst verdächtigt. „Wenn ein Fisch die Farbe hat, schmeißt du ihn weg“, so der Komödiant.

Ein Gang in ein „Fitnetzstudio“ hat sich für Paul Panzer auch ziemlich schnell erledigt. Die Leute dort verstehen einfach keinen Spaß. Gut, schwitzende Muskelprotze mit der Frage, ob sie an beiden Armen gleichzeitig von Wespen gestochen worden wären, zu konfrontieren, ist vielleicht nicht die schlaueste Art, um eine gepflegte Konversation unter gestandenen Männern zu starten. Aber unser Paul Panzer ist ja „schüschologisch“ geschult und begegnet dem sich ihm bedrohlich nähernden Pulk aus hochgradig verärgerten „Botzdi“-Buildern, die sich zu allem Überfluss als Mitglieder eine „Hells Angels“-Clique entpuppen, mit den Worten: „Pass auf Mädels....“ Die erwünschte deeskalierende Wirkung bleibt allerdings irgendwie aus. Im Nachhinein kann sich Paul Panzers Arzt dann nur wundern, wie die Hantel den Weg zwischen die Lungenflügel seines Patienten gefunden haben mag.

Gleichermaßen komplett in die Hose geht ein Besuch in einem zwielichtigen Etablissement namens „Sodom und Angora“ (oder so ähnlich) auf der Hamburger Reeperbahn. Zum Glück hat Paul Panzer seinen getreuen Dobermann-Rottweiler-Mischling Mäuschen als Begleitung dabei, als er sich in einen „Darkroom“ verirrt. Nachdem er vergeblich den Lichtschalter und Ausgang gesucht hat, wird er im Dunkeln plötzlich von jemanden angesprochen, der meint , er würde jetzt seine Hose öffnen wollen. Zu dumm nur, dass der Mann Mäuschens Maulkorb erwischt und auf äußerst schmerzhafte Weise erfahren muss, wie der verwirrte Hund offensichtlich davon ausgeht, es wäre Fütterungszeit. „Mäuschen steht nun einmal auf Würstchen“, erklärt Paul Panzer, der seinem vor panischer Angst schreiendem Gegenüber gerne geholfen hätte. „Bloß wat willste machen, wenn du den Lichtschalter nicht findest?“

Doch wie und wo kann man denn nun tatsächlich am besten seine Freizeit verbringen? Den geringsten Stress verursacht nach Ansicht von Paul Panzer immer noch das Sofa in den heimischen vier Wänden. Mit dem neudeutschen Begriff „Chillen“ lässt sich hier passive Teilnahmslosigkeit inzwischen sogar in eine vermeintlich wichtige Aktivität umwandeln. Wenn der kleine Paul früher seiner Mutter erzählt hat, er würde auf dem Sofa sitzen, meinte sie immer nur: „Junge, nun beweg' dich mal ein bisschen.“ Heute sagt er stattdessen: 'Mama, ich chille!', woraufhin sie meistens verständnisvoll antwortet: 'Oh, da will ich lieber nicht stören.“

Nichtsdestotrotz hat der vergangene Sonntagabend glasklar gezeigt, dass der Besuch eines Live-Auftritts von Paul Panzer durchaus eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung sein kann. Von den Bauchmuskeln über das Zwerchfell bis hin zu den Tränenkanälen muss sich der Körper zwar einigen sehr harten und extremen Belastungstests unterziehen. Aber dahinter steckt ein positiver Stress, dem sich gewiss jeder gerne hingibt.
(Ostfriesische Nachrichten vom 23. März 2010)